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Zielkonflikte in der Forstwirtschaft

Beim Übergang zu mehr Nachhaltigkeit gerät der Wald unter Druck, denn er soll beispielsweise die von anderen Sektoren nicht erfüllten Umweltauflagen kompensieren. Die daraus entstehenden Zielkonflikte zwingen die Forstwirtschaft zur Abwägung gegenläufiger Ansprüche. Wir beschreiben politische Lösungen für zwei Beispiele: die Kohlenstoffbindung und Waldrodungen zu Kompensationszwecken.

Hintergrund

Immer mehr auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Wirtschaftssektoren konkurrieren zunehmend um knapper werdendes Land und erhöhen den Druck auf die Wälder. Während einerseits die wachsende «Bio-Wirtschaft» eine Chance für den Forstsektor darstellt, können das zunehmende Bevölkerungswachstum und bestimmte Strategien im Bereich der erneuerbaren Energien zu Zielkonflikten und Abwägungen führen, die zukünftig immer stärker zulasten des Waldes gehen. Diese Anforderungen an die heutige Forstpolitik erfordern eine Anpassung der Instrumente, die ihr zur Bewältigung dieser Zielkonflikte zur Verfügung stehen.

    Ziel

    Mit diesem Projekt verfolgten wir die folgenden Ziele: 

    1. neu entstehende Zielkonflikte zwischen Sektoren einer nachhaltigen Wirtschaft aus der Perspektive des Forstsektors erkennen und (marktbasierte) politische Instrumente oder Kombinationen von Instrumenten zur Bewältigung dieser Konflikte bestimmen. 
    2. die politische Durchsetzbarkeit dieser einzelnen oder kombinierten Instrumente ermitteln, indem wir deren Akzeptanz bei den Anspruchsgruppen und Akteuren in der jeweiligen Fallstudienregion untersuchten. 
    3. die Auswirkungen der vorgeschlagenen einzelnen/kombinierten Instrumente anhand von räumlich expliziten Simulationen prognostizieren. 

    Resultate

     

    Wälder in der Konkurrenz mit nachhaltigen Wirtschaftsprojekten

    Wie die Untersuchung von Waldrodungsgesuchen zeigt, konkurrieren nachhaltige Wirtschaftssektoren um die Landnutzung. Im Mittelland und im Alpenraum werden Wälder gerodet, um Platz für nachhaltige Wirtschaftsprojekte zu schaffen (z. B. für die Energieerzeugung mittels Geothermie, Wind- und Wasserkraft und Biomasse, für den «langsamen Verkehr» wie Fussgänger und Velofahrer, für das Recycling), wobei deren Anteil noch relativ klein ist. Inwieweit sozio-ökonomische Faktoren bei der Standortauswahl für Rodungen relevant sind, lässt sich nicht eindeutig feststellen. Topografische Faktoren und die Landschaftsstruktur sind in diesem Zusammenhang wohl entscheidender. 

    Unser Vorschlag eines Konzepts für den Interessenausgleich unterscheidet sowohl zwischen entstehenden und vorherrschenden Zielkonflikten als auch zwischen Zielkonflikten auf Ebene der politischen Programme und auf Ebene der Forstwirtschaft. 

    Regulierungen in der Forst- und Waldwirtschaft

    Wir haben festgestellt, dass die Forst- und Waldwirtschaft Regulierungen generell ablehnt – es sei denn, sie beziehen sich auf die von anderen Sektoren auf den Wald angemeldeten Ansprüche. Man geht davon aus, dass künstliche Märkte (d. h. Märkte, die durch Umweltregulierungen und Institutionen entstehen, die bestimmte Emissionen oder den Ressourceneinsatz begrenzen und Emissions- oder Nutzungsrechte ausgeben, mit denen anschliessend gehandelt werden kann) eine Vielzahl von Zielkonflikten zwischen nachhaltig wirtschaftenden Sektoren lösen können, solange die traditionelle Waldnutzung durch ein starkes Regelwerk geschützt wird. Auch auf Eigentumsrechten beruhende Strategien können, vor allem mit Blick auf Personen mit kleinem Waldbesitz, ein möglicher Lösungsansatz sein. 

    Einsatz von Waldflächen zur Kohlenstoffbindung

    Unsere Fallstudie über die CO2-Bindung und Strategien der Schadensbegrenzung unter anderem durch Waldflächen (im Kanton Luzern) hat ergeben, dass Kohlenstoffsenken in Wald- und Forstgebieten von überwiegend zentralen und gut koordinierten Akteuren mehrheitlich akzeptiert werden (etwa von der kantonalen Forstverwaltung, den regionalen Waldbesitzerverbänden, von Förstern und der holzverarbeitenden Industrie). Auch zahlreiche jüngere Waldeigentümer, die grosse Flächen bewirtschaften, aber die Rentabilität der Holzproduktion infrage stellen, entscheiden sich für eine Erhöhung des Holzbestands in den Wäldern, für Brennholz und für den Einsatz von Waldflächen zur Kohlenstoffbindung, wenn sie damit genügend Einkommen erzielen können. 

    Kompensationsmassnahmen im Wald

    Unsere zweite Fallstudie, die sich auf Rodungen für Kompensationsmassnahmen im Wald (im Kanton Bern) richtete, bestätigt den starken Zielkonflikt zwischen den um Land konkurrierenden Wirtschaftssektoren. Ein zwischen kooperierenden Anspruchsgruppen geschlossenes bilaterales Abkommen zeigt, dass es durchsetzbare politische Optionen gibt (Kompensation innerhalb von Produktionsprozessen oder Wiederaufforstung auf städtischen Flächen), wohingegen marktbasierte Lösungen abgelehnt werden. Eine Mehrheit der Waldbesitzer lehnt Kompensationsmassnahmen im Wald ab. Ähnlich viele Waldbesitzer, jedoch weniger als in der ersten Fallstudie (CO2-Bindung und Schadensbegrenzung) befürworten Kompensationsmassnahmen, sofern es sich um produktionsintegrierte Massnahmen an weniger profitablen Standorten handelt.

     

    Bedeutung für die Forschung

    Das Projekt bestätigt die bisher noch nicht untersuchte These, dass mit Blick auf die Zielkonflikte zwischen den Wirtschaftssektoren (und dem Forstsektor) die Konkurrenz um die Landnutzung eine wichtige Rolle spielt. In einer Sonderausgabe von Forest Policy and Economics werden wir auf verschiedene Kompensationskonzepte eingehen, die sich aus unterschiedlichen Ansprüchen gegenüber dem Wald ergeben, und wir werden diesen Ansatz mit Beispielen aus verschiedenen Ländern illustrieren. Darüber hinaus bestimmen wir in unseren beiden Fallstudien auf innovative Weise – durch Herstellung eines Bezugs zwischen den Präferenzen der Anspruchsgruppen und der Waldbesitzer – realisierbare politische Lösungen für die Kohlenstoffbindung und Kompensationsmassnahmen im Wald (und die Biodiversität im Allgemeinen). 

    Bedeutung für die Praxis

    Unsere Forschung zur Rodungsdatenbank stiess auch beim Bundesamt für Umwelt (BAFU) auf Interesse und führte zu einem Folgeprojekt. Das Aufzeigen der negativen Effekte, die der Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft möglicherweise für den Wald hat, hilft bei der Ermittlung von Defiziten in der Umsetzung und schärft das Bewusstsein für die Thematik. In unseren Fallstudien, für die wir eng mit Personen aus der Praxis zusammengearbeitet haben, sprechen wir aktuelle, aber sehr komplexe Themen an. Dass wir, um mögliche politische Reformen aufzuzeigen, mögliche Bündnisse zwischen den Anspruchsgruppen sowie Präferenzen der Waldbesitzer erfasst haben, wurde von beiden Gruppen sehr begrüsst. 

    Publikationen

    Projektleitung

    Dr. Tobias Schulz
    Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

    Dr. Astrid Zabel von Felten
    Centre for Development and Environment (CDE), Universität Bern

    Dr. Eva Lieberherr
    Departement Umweltsystemwissenschaften, ETH Zürich

    Projektpartnerschaften

    Pan Bern AG

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    Das Forschungsprojekt greift mit der Frage der CO2-Speicherung im Wald einen aktuellen Zielkonflikt auf und liefert methodisch abgestützt wertvolle Entscheidungsgrundlagen. Die Ergebnisse zeigen den Rahmen für eine Inwertsetzung dieser Waldleistung basierend auf einer integralen und langfristigen Betrachtung ganz im Sinne einer nachhaltigen Wirtschaft.

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    Bruno RöösliDienststelle Landwirtschaft und Wald, Kanton Luzern (Leiter Abteilung Wald)
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    Die zunehmende Flächenkonkurrenz zwischen Wald, Landwirtschaft, Siedlung und Infrastruktur erschwert die Suche nach geeigneten Flächen für Rodungsersatz. Ersatzmassnahmen nach Natur- und Heimatschutzgesetz im Wald können die Situation entschärfen helfen, provozieren aber weitere Nutzungskonflikte. Das Forschungsprojekt hilft uns, das Problem aus der Perspektive des Waldes systematisch zu analysieren und Lösungen zu entwickeln.

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    Roger SchmidtAmt für Wald und Naturgefahren des Kantons Bern (Vorsteher)
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    Die Ergebnisse des Forschungsprojektes zeigen, dass die Zahlungsbereitschaft gegenüber den Ansätzen der bestehenden Biodiversitätsprogramme deutlich erhöht werden muss, wenn entsprechende Vorhaben im Wald umgesetzt werden sollen. Die mangelnde Zahlungsbereitschaft der öffentlichen Hand ist wohl auch der wesentliche Faktor, weshalb die Zielwerte für die «vertragliche Sicherung» von Waldflächen nicht erreicht werden.

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    Philipp EgloffBerner Waldbesitzer (Geschäftsführer)

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